Berufs- und Ehrenreglement

Schweizerischer Übersetzer-, Terminologen- und Dolmetscher-Verband

Präambel

In der Erkenntnis

• dass die Übersetzer, Terminologen und Dolmetscher bei der Erfüllung ihrer Aufgabe, zwischen Menschen, Gruppen, Völkern und in der Wirtschaft als Sprachmittler zu wirken, im allgemeinen auf sich gestellt und alleinverantwortlich sind
• dass die Funktion des Sprachmittlers zuverlässig nur von erfahrenen Fachleuten ausgeübt werden kann
• dass die Auftraggeber über Kriterien verfügen müssen, um begründet entscheiden zu können, welchem dieser Sprachmittler sie die Aufgabe anvertrauen wollen

und in dem Bestreben

als Mitglieder des Schweizerischen Übersetzer-, Terminologen- und Dolmetscher-Verbands (ASTTI) eine sich durch ihr Können auszeichnende Auswahl dieses Berufsstandes zu sein, haben die in der ASTTI zusammengeschlossenen Übersetzer, Terminologen und Dolmetscher (im weiteren «die Mitglieder») folgendes Berufs- und Ehrenreglement verabschiedet, das ihre bei der Ausübung ihres Berufs einzuhaltenden Pflichten und Verhaltensrichtlinien festlegt.

Artikel 1
Ehre und Gewissen

• Die Mitglieder verpflichten sich bei ihrer Ehre, von jedem Verhalten abzusehen, das die Würde und das Ansehen ihres Berufsstandes oder ihres Verbands beeinträchtigen könnte.

Sie bestätigen darüber hinaus, dass die Weisungen eines Auftrag- oder Arbeitgebers keinesfalls einen Verstoss gegen das vorliegende Berufs- und Ehrenreglement rechtfertigen dürfen.

Artikel 2
Pflichten der Mitglieder

Die Mitglieder verpflichten sich

• ihren Beruf nach bestem Wissen, unvoreingenommen und gewissenhaft auszuüben
• nur mit den Sprachen und in den Fachgebieten zu arbeiten, in denen sie über ausreichend Kenntnisse verfügen, um die einwandfreie Erfüllung ihrer Aufgabe zu gewährleisten alle notwendigen Recherchen durchzuführen und sich gegebenenfalls die Hilfsmittel zu beschaffen, die für die Ausführung der Arbeit unerlässlich sind
• die ihnen übertragenen Arbeiten persönlich auszuführen oder das Ergebnis sorgfältig zu kontrollieren, falls sie die Arbeit an kompetente Drittpersonen delegiert haben
• Kopien aller Dokumente im Zusammenhang mit der ausgeführten Arbeit für eine Zeitspanne aufzubewahren, die vom Gesetz für geschäftliche Unterlagen vorgeschrieben wird

unter Vorbehalt von Artikel 7 des vorliegenden Reglements alle Informationen, die ihnen im Rahmen der ihnen übertragenen Arbeit zur Kenntnis gelangen, streng vertraulich zu behandeln.

Artikel 3
Annahme eines Auftrags

Vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher, statutarischer oder reglementarischer Bestimmungen oder Klauseln eines allfälligen Arbeitsvertrags, halten die Mitglieder folgende Richtlinien ein

• sie nehmen nur Aufträge an, für die sie kompetent sind
• sie führen alle angenommenen Aufträge zu Ende, ausser wenn zwingende Gründe sie davon abhalten
• sie teilen ihre Ablehnung unverzüglich mit, wenn sie einen Auftrag nicht annehmen können oder wollen. In diesem Fall können sie für die Durchführung der Arbeit einen kompetenten Kollegen vorschlagen

sie halten die Bedingungen des Vertrags oder der Abmachung mit Dritten ein; sollte dies aus irgendeinem Grund nicht möglich sein, setzen sie die Beteiligten sofort darüber in Kenntnis und schlagen gegebenenfalls eine andere Lösung vor.

Artikel 4
Ablehnung eines Auftrags

Die Mitglieder lehnen jeden Auftrag ab, wenn sie durch seine Ausführung ihre im vorliegenden Berufs- und Ehrenreglement festgehaltenen Pflichten verletzen müssen.

Darüber hinaus lehnen die Mitglieder, vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher, statutarischer oder reglementarischer Bestimmungen oder Klauseln eines allfälligen Arbeitsvertrags, einen Auftrag ab

• wenn sie bereits mit einem anderen Auftrag beschäftigt sind oder es sein werden und sie dadurch in eine Konfliktsituation geraten würden.

wenn sie der Ansicht sind, dass sie aufgrund ihrer Fähigkeiten, der Arbeitsbedingungen oder der geforderten Frist nicht in der Lage sind, den Auftrag einwandfrei auszuführen

Artikel 5
Besondere Bestimmungen für ASTTI-Mitglieder, die freiberuflich tätig sind

• Die Tätigkeit der freiberuflich arbeitenden Mitglieder unterliegt den Bestimmungen der Artikel 394 ff des Schweizerischen Obligationenrechts.
• Falls ausnahmsweise ein Auftraggeber eine berechtigte Kritik anzubringen hat, ist das betreffende Mitglied bereit, sein Honorar der Bedeutung des Mangels entsprechend zu reduzieren.
• Sieht sich ein Mitglied aus wichtigen Gründen gezwungen, die Haftung für seine Tätigkeit oder ein mögliches Versehen auszuschliessen, hat er dies schriftlich, spätestens bei Abschluss des Auftrags, zu erklären.

Das Mitglied, dessen Arbeit von einem Auftraggeber bemängelt wird, schlägt diesem vor, die Angelegenheit dem Schiedsgericht der ASTTI zu unterbreiten, bevor der Rechtsweg eingeschlagen wird.

Artikel 6
Berufsgeheimnis

• Die Mitglieder sind durch das Berufsgeheimnis gebunden und können nur auf gerichtliche Anordnung davon entbunden werden.
• Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit, die den Mitgliedern durch die Berufsethik und das vorliegende Reglement auferlegt wird, erstreckt sich auf alles, was ihnen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt.

Diese Verpflichtung besteht auch über die Beendigung des Auftragsverhältnisses hinaus und auch gegenüber demjenigen, dem die betreffenden Informationen bereits von anderer Seite mitgeteilt worden sind.

Artikel 7
Anrufung des Schiedsgerichts oder anderer ASTTI-Organe

• Wird dem Schiedsgericht der ASTTI ein Fall unterbreitet, sind die Mitglieder gehalten, diesem Organ persönlich Auskunft zu geben und die verlangten Unterlagen vorzulegen.
• Handelt es sich bei den unter a) genannten Unterlagen und Auskünften um Informationen, die der beruflichen Schweigepflicht gemäss Art. 6 unterliegen, bittet das betroffene Mitglied die zuständigen Personen darum, von dieser Pflicht entbunden zu werden.
• Wendet sich ein Auftraggeber oder der Arbeitgeber eines Mitglieds an die Organe der ASTTI, um eine Beschwerde einzureichen, ein Schiedsverfahren anhängig zu machen oder in anderer Weise die Dienste des Verbands in einer Angelegenheit in Anspruch zu nehmen, bei der ein Mitglied in der Ausübung seines Berufs beteiligt ist, ist das betreffende Mitglied hinfort gegenüber den zuständigen Verbandsorganen von seiner Schweigepflicht entbunden.
• Erbringt ein Mitglied den Beweis, dass er die Verpflichtungen gemäss Art. 7 a) nicht erfüllen kann, ohne gegen Art. 6 oder eine andere, zuvor eingegangene Geheimhaltungsverpflichtung zu verstossen, so ist es von dieser Pflicht zu entbinden.

Die Verbandsorgane der ASTTI sind verpflichtet, jede Information, die ihnen im Rahmen ihrer verbandlichen Funktionen zur Kenntnis gelangt, mit absoluter Vertraulichkeit gegenüber Dritten zu behandeln.

Artikel 8
Kollegialitätspflicht

Die Mitglieder sind gegenüber anderen Fachleuten in den Bereichen Übersetzung, Terminologie und Dolmetschen zu Kollegialität und Solidarität verpflichtet, unabhängig davon, ob diese Mitglieder des Verbands sind oder nicht. Sie sehen davon ab, dem Ansehen ihres Berufsstands durch ihr Verhalten zu schaden.

Sie setzen sich nach Kräften dafür ein, den Ruf der ASTTI nach aussen nicht zu beeinträchtigen und den Einfluss des Verbandes sowie sein Ansehen in jeder Hinsicht zu erhöhen.

Artikel 9
Schiedsvereinbarung

Durch seinen Beitritt zur ASTTI anerkennt jeder Übersetzer, Terminologe und Dolmetscher die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für Streitigkeiten aus mitgliedschaftlichem oder beruflichem Verhalten.

Artikel 10
Unlauterer Wettbewerb und Werbung

Die Mitglieder enthalten sich jeder unlauteren Form des Wettbewerbs und jeder aufdringlichen Werbung. Auf Briefpapier, Visiten- und Korrespondezkarten, Anzeigen, Prospekten, Einträgen in Branchenbüchern usw. werden ausschliesslich die Spachkombinationen und Fachgebiete angegeben, unter denen sie im Mitgliederverzeichnis erscheinen. Werden Sprachen einzeln aufgeführt, müssen Ausgangssprachen und Zielsprache eindeutig ersichtlich sein. Die persönliche Werbung der Mitglieder darf keinerlei Hinweis darauf enthalten, dass sie als Vermittler zwischen Auftrag-oder Arbeitgeber und einem oder mehreren Berufskollegen auftreten oder andere Leistungen in ihrem beruflichen Bereich vermitteln können. Die Mitglieder dürfen nur solche Berufsbezeichnungen und Titel angeben, die sie nach gesetzlichen Bestimmungen zu führen berechtigt sind. Die Mitglieder, denen in einem oder mehreren Organen der ASTTI ein Amt übertragen wurde, dürfen diese Funktionen nicht zu eigenem Nutzen missbrauchen.

Artikel 11
Beschäftigung von Mitarbeitern

Beschäftigt ein Mitglied einen anderen Kollegen im Angestelltenverhältnis oder als freien Mitarbeiter auf eigene Rechnung oder für einen Dritten, berücksichtigt er dabei die Forderungen des vorliegenden Reglements. Er sieht insbesindere davon ab, Aufträge an Personen zu übertragen, die dafür nicht ausreichend qualifiziert sind.

Artikel 12
Zuständigkeit des ASTTI-Vorstands

Der Vorstand der ASTTI, der von allen Mitglieder und Nichtmitgliedern angerufen werden kann, wacht über die Einhaltung der obengenannten Bestimmungen. Er besitzt das Recht, in schwerwiegenden Fällen gar die Pflicht, das Schiedsgericht anzurufen oder gegen die Mitglieder vorzugehen, die gegen die Bestimmungen verstossen.

Artikel 13
Inkrafttreten und Abänderungen

Das vorliegende Berufs- und Ehrenreglement tritt nach seiner Verabschiedung durch die ASTTI-Generalversammlung vom 8. Mai 1999 provisorisch in Kraft und ersetzt alle früheren Fassungen.