Verband der Übersetzer und Dolmetscher e.V.

Berufs- und Ehrenordnung

In der Erkenntnis, daß Übersetzer und Dolmetscher unentbehrliche Mittler zwischen den Menschen und Völkern sind und damit eine große Verantwortung für weltweite Verständigung tragen und in dem Willen, dazu einen Beitrag zu leisten und im geistigen und materiellen Leben der Völker als Mittler zu dienen sowie in Anerkennung der vom Internationalen Übersetzerverband FIT beschlossenen Charta des Übersetzers haben sich die Mitglieder des Verbands der Übersetzer und Dolmetscher Berlin e.V. die folgende Berufs- und Ehrenordnung gegeben:

§ 1 Übersetzer und Dolmetscher haben ihre Berufe unparteiisch und gewissenhaft auszuüben. Sie haben sich innerhalb und außerhalb der Berufe der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung und Aufgabe der Übersetzer und Dolmetscher erfordern, würdig zu erweisen und das Ansehen des Berufsstandes in der Öffentlichkeit nach Kräften zu fördern.

§ 2 Übersetzer und Dolmetscher dürfen sich nur in solchen Sprachen und Sachgebieten betätigen, in denen sie über fundierte Kenntnisse, über berufliche Kompetenz verfügen, um die übertragenen Aufgaben auch gewissenhaft ausführen zu können. Sie sind einer hohen Qualität der Berufsausübung verpflichtet.

§ 3 (1) Übersetzer und Dolmetscher sind in der Annahme eines Auftrags frei, es sei denn, Gesetz oder Standesrecht verbieten die Annahme oder schreiben sie vor. Bei Gemeinschaften von Übersetzern und Dolmetschern gelten Verbote jeweils auch für den oder die anderen Partner der Gemeinschaft.
(2) Übersetzer und Dolmetscher dürfen einen Auftrag nicht zur Unzeit kündigen, es sei denn, daß zwingende Gründe vorliegen.
(3) Übersetzer und Dolmetscher, die in ihren Berufen in Anspruch genommen werden, aber den Auftrag nicht annehmen können oder wollen, müssen die Ablehnung unverzüglich erklären.
(4) Übersetzer und Dolmetscher halten Vereinbarungen über Termine und Fristen ein. Falls dies unmöglich sein sollte, sind die Beteiligten rechtzeitig und gründlich zu unterrichten.

§ 4 Dolmetscher und Übersetzer dürfen nicht tätig werden,
1. wenn sie, insbesondere durch ein ihnen zugemutetes Verhalten, ihre Berufspflichten verletzen würden,
2. wenn sie von einem anderen Auftraggeber in derselben Sache bereits in Anspruch genommen worden sind oder werden und wenn sie dadurch in eine Konfliktsituation geraten.

§ 5 (1) Die standesrechtliche Pflicht zur Verschwiegenheit, unabhängig von etwaigen gesetzlichen Regelungen, erstreckt sich auf alles, was Übersetzern und Dolmetschern in Ausübung ihrer Berufe anvertraut worden oder ihnen bei Gelegenheit der Berufsausübung bekanntgeworden ist, soweit nicht das Gesetz oder Grundsätze der Rechtsprechung Ausnahmen zulassen.
(2) Diese Pflichten bestehen auch über die Beendigung des Auftragsverhältnisses hinaus und auch gegenüber demjenigen, dem die betreffende Tatsache bereits von anderer Seite mitgeteilt worden ist.

§ 6 Eine Weisung des Auftraggebers kann einen Verstoß gegen Standesrecht nicht rechtfertigen.

§ 7 In Streitigkeiten, die durch die Organe des VÜD behandelt werden, sind Übersetzer und Dolmetscher verpflichtet, auf Fragen und Anfragen fristgemäß Auskunft zu geben sowie auf Verlangen ihre Unterlagen vorzulegen, es sei denn, daß sie dadurch ihre Verpflichtungen zur Verschwiegenheit verletzen würden. Auch sind sie verpflichtet, vor diesen Organen oder einem beauftragten Mitglied derselben zu Verhandlungen und Besprechungen persönlich zu erscheinen.

§ 8 Die fristgemäße Zahlung der Mitgliedsbeiträge und sonstigen Umlagen ist Standespflicht.

§ 9 Die Standespflicht der Kollegialität verbietet Übersetzern und Dolmetschern, das Ansehen des Berufsstandes durch ihr Verhalten zu gefährden. Unsachliche Angriffe auf die Person eines Kollegen in Wort und Schrift sind ein Verstoß gegen die Standespflicht.

§ 10 Übersetzer und Dolmetscher bewahren in der Beurteilung der Leistung von Berufskollegen taktvolle Zurückhaltung. Kritik an einer fehlerhaften Arbeit ist ohne Schärfe vorzubringen.

§ 11 Für die Streitigkeiten aus mitgliedschaftlichem und beruflichem Verhalten vereinbaren die Mitglieder mit dem Beitritt zum Berufsverband die Zuständigkeit des Schiedsgerichts des VÜD (Schiedsgerichtsklausel).

§ 12 Gemeinschaften unter Übersetzern und Dolmetschern, die freiberuflich ihre Tätigkeit ausüben, sind in der Rechtsform der Personalgesellschaften oder der Genossenschaften zulässig. Standesrechtlich muß dabei jedes Mitglied gleiche Rechte haben, wie sie seiner Tätigkeit entsprechen. Die Schlechterstellung eines Kollegen aus nicht sachgerechten Gründen ist standesrechtlich unzulässig.

§ 13 Die Vereinbarung des Ausschlusses der Haftung eines Übersetzers und Dolmetschers für seine Tätigkeit und ein Berufsversehen muß schriftlich erfolgen.

§ 14 Bei der Bemessung des Entgelts für ihre berufliche Tätigkeit bewerten Übersetzer und Dolmetscher ihre beruflichen Leistungen angemessen und nicht unter den üblichen Honorarsätzen in der Absicht, durch planmäßiges und gezieltes Unterbieten Mitbewerber zu verdrängen.

§ 15 Übersetzer und Dolmetscher enthalten sich jeder unlauteren Form des Wettbewerbs. Ihre Werbung gibt die wahre Qualifikation und das Leistungsangebot in sachlicher, informativer Form wieder.

§ 16 Die entgeltliche Übernahme der Praxis eines Übersetzers oder Dolmetschers durch einen anderen hierzu sachlich und fachlich Berechtigten ist zulässig. Die Bedingungen für den Praxiserwerb müssen angemessen sein.

§ 17 Beschäftigt ein Übersetzer oder Dolmetscher einen anderen Kollegen im Angestelltenverhältnis oder als freien Mitarbeiter, so hat er ihm angemessene Vertragsbedingungen und leistungsgerechtes Entgelt für seine Tätigkeit zu gewähren.

§ 18 Übersetzer und Dolmetscher dürfen nur solche Berufsbezeichnungen und Titel führen, die sie nach den Bestimmungen und Gesetzen zu führen berechtigt sind.

§ 19 Übersetzer und Dolmetscher dürfen das Ansehen von Mitgliedern des Berufsstandes nicht gefährden, ebensowenig das Ansehen des VÜD. Verstöße gegen die Satzung des VÜD sind standeswidrig. Ebenso dürfen sie nicht die ihnen übertragenen Verbandsämter zum eigenen Nutzen mißbrauchen.

§ 20 Über die Wahrung der vorstehenden Grundsätze wachen die in der Satzung des VÜD vorgesehenen Organe, die von jedem Mitglied des VÜD angerufen werden können.

Berlin, im November 1992